Enneagramm
Das Enneagramm ist ein wirkmächtiges Modell des Lebendigen. Es hilft uns, die vielfältigen Aspekte menschlicher Persönlichkeit zu verstehen. Das Enneagramm beschreibt neun grundlegende Persönlichkeitsmuster, die untereinander in komplexer Weise verbunden sind.
Geschichte
Die Entwicklungen des Enneagramms erstrecken sich über eine weite Zeitspanne. Querverbindungen lassen sich in verschiedenen Epochen, Kulturen und Erdregionen entdecken.
Die frühchristlichen Wüstenväter, unter ihnen insbesondere Evagrius Ponticus, haben im 3. bis 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung während ihrer asketischen Rückzüge in ihre Einsiedeleien in der ägyptischen Wüste Erstaunliches über die Wirkungsweise des menschlichen Geistes zu Tage gefördert. Die so entstandenen neun Bereiche nannte er logismoi. Sie waren gefühlsgeladene Gedanken, die den Menschen beherrschten, Leidenschaften, die seine Seele in ihren Bann zogen oder Antriebe, mit denen er zurechtkommen musste. Im weiteren Gang der Geschichte blieben uns sieben dieser neun Herausforderungen, an denen ein Mensch scheitern konnte, als christliche Todsünden erhalten. Danach wurde das Wissen über das Enneagramm „esoterisch" behandelt, das heißt es war einem begrenzten, „inneren" Personenkreis vorbehalten. Vor allem im letzten Jahrhundert vollzog sich die Ausdifferenzierung der Idee rasant.
+ Unsere Quellen
Zentren
Bereits in der Antike ging man von drei Intelligenzen des menschlichen Wesens aus: Denken, Fühlen und Handeln. Diese Zentren finden sich auch im Enneagramm wieder. Jeder Mensch hat Zugang zu allen drei Zentren. Doch ein Zentrum prägt unser Verhalten und unsere Wahrnehmung maßgeblich. Jedes Zentrum fächert sich in drei Persönlichkeitsmuster auf, die in ihrer Gesamtheit neun Muster ergeben.
Muster
Für uns ist das Muster maßgeblich durch die Vorherrschende Leidenschaft geprägt. Jedes der neun Muster ist durch diese Energie gefärbt. Jede einzelne ist ihrer Natur nach zweckgerichtet und sinnvoll und von den acht anderen deutlich zu unterscheiden. Bei deren Definition stützen wir uns auf die Beschreibung von Wilfried Reifarth, der sich wiederum auf Naranjo, Almaas, Maitri und Gurdjieff bezieht. Wenn jemand sein „Muster-Zuhause" gefunden hat, eröffnen sich ihm dadurch zahllose Möglichkeiten der Selbstbeobachtung. Diese Erkenntnis kann eine tiefe und nachhaltige persönliche Entwicklung ermöglichen.
+ Neun Muster
Symbol und Wechselwirkungen
Der Begriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern ennéa für neun und grámma für Zeichen oder Figur zusammen. Das Enneagramm-Symbol stellt die dynamischen Wechselwirkungen zwischen den neun Mustern dar. Jedes Muster steht mit zwei weiteren Mustern in direkter Verbindung, wodurch sich neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Ein hilfreiches Bild, das diese Dynamik beschreibt, ist die „Rumpf-Arme-Metapher": Unser Enneagramm-Muster bildet den „Rumpf" – die innere Architektur, die uns prägt. Die mit unserem Muster verbundenen Energien entsprechen den „Armen", die uns zusätzliche Möglichkeiten bieten, unser Verhalten und unsere Reaktionen zu erweitern. Lediglich der Kontext entscheidet, ob es individuell eine Bereicherung oder eine Verarmung ist, wenn sich ein Mensch dieser Möglichkeit in einer gegebenen Situation bedient. Von der Annahme, dass uns die unmittelbar benachbarten Muster (sog. Flügel) in ähnlicher Weise zur Verfügung stehen, sehen wir ab.